Um dem Wasserstoff (H2) als alternativen Kraftstoff zum Durchbruch zu verhelfen, benötigen wir attraktive Wasserstoffautos und leistungsstarke Nutzfahrzeuge, die in einer flächendeckenden Tankstellen Infrastruktur betankt werden können. Der Aufbau der entsprechenden Wasserstoff Tankstellen erfordert viel Messtechnik, damit die Sicherheit beim Wasserstoff tanken gewährleistet ist. Wika bietet hierfür die komplexe Instrumentierung wie Ventile, Temperatur- oder Drucksensoren.

Wasserstoff tanken Wika

 

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Das Aus der "Benziner" und "Diesel" steht bevor

Der Klimawandel ist ohne einen umfassenden Mobilitätswandel nicht zu stoppen, geschweige denn umzukehren. Herkömmliche Verbrennungsmotoren müssen daher durch umweltfreundliche Alternativen wie z. B. die Brennstoffzelle oder den Elektroantrieb ersetzt werden. Das Aus der mit Benzin oder Diesel laufenden Fahrzeuge wird umso mehr beschleunigt, je stärker Fahrzeuge mit emissionsfreien Antrieben nachgefragt werden.

Mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge rücken hier zunehmend in den Fokus, denn die H2 Brennstoffzelle weist ähnliche Leistungsdaten auf wie Benzin oder Diesel betriebene Fahrzeuge. Es werden vor allem im Bereich der Nutzfahrzeuge weltweit ehrgeizige Ziele für die H2 Mobility im Straßenverkehr formuliert. Logistik und Verkehrsunternehmen haben schon begonnen, ihre Flotten auf Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb umzustellen. Auch tauchen auf den Straßen immer öfter Pkw mit Hydrogen Antrieb auf.

Ausbau der Infrastruktur zum Wasserstoff tanken

Die Weiterentwicklung der umweltfreundlichen Mobilität hängt entscheidend vom Ausbau der entsprechenden Tankstellen Infrastruktur ab. Auch für Wasserstoff benötigen wir ein entsprechendes Tankstellennetz, das eine Versorgung ohne Umwege gewährleistet. Weltweit gibt es aktuell rund 700 Hydrogen Refueling Stations (HRS). Die Zahl soll bis zum Jahr 2030 auf 6000 anwachsen. In Deutschland haben wir derzeit das dichteste Wasserstofftankstellen Netz in Europa. Insgesamt waren Anfang des Jahres 95 solcher H2 Tankstellen in Betrieb.

Analog zum Ausbau der Wasserstofftankstellen Infrastruktur muss auch die Produktion von Grünem Wasserstoff erhöht werden. Damit ist die Gewinnung von Wasserstoff per Elektrolyse unter Einsatz Erneuerbarer Energien gemeint. Diese gilt als einzige klimaneutrale Form der Energiegewinnung. Nach Angaben vom Energiekonzern EnBW erzeugen in Deutschland derzeit 40 Anlagen Grünen Wasserstoff. Solche Elektrolyseure haben ihren Standort idealerweise bei großen Windkraftparks oder Solarparks.

Ihr Produkt wird in sogenannten Tube-Trailern bei der Wasserstofftankstelle angeliefert. Es handelt sich hier um Auflieger mit einem Verbund aus sieben Stahl-Röhrentanks. Die Behälter werden zunehmend durch Kohlefaser-Tanks Typ IV ersetzt, weil sie einen höheren Tankdruck von 500 bar und mehr, statt bisher 200 bar bieten. Sie sind zudem leichter, was eine höhere Nutzlast gestattet. Damit kann auf einem Tanklaster 1 t Treibstoff befördert werden. Vergleichsweise umfasst die Tankfüllung eines Pkw ca. 4 bis 5 Kilogramm, die eines Lkw's beträgt 40 Kilogramm bei steigender Tendenz.

Normen für Wasserstoff Infrastruktur noch in der Entstehung

Parallel zum Aufbau der Infrastruktur arbeitet die Wasserstoffindustrie noch an deren Normen. Es werden neue Richtlinien erarbeitet und vorhandene Vorgaben an Neuentwicklungen angepasst. Die Branche drängt auf die umfassende Standardisierung von Bauteilen und Prozessen. Die Nutzbarkeit von H2 als Treibstoff muss auf eine globale Basis gestellt werden – bei Gewährleistung des höchstmöglichen Sicherheitsniveaus versteht sich.


Jumo Wasserstoff MesstechnikLesetipp: Messtechnik für die Wasserstoff Herstellung 


Die Wika Alexander Wiegand SE & Co. KG aus Klingenberg und anderen Hersteller von Messtechnik, welche Produkte zur Überwachung und Regelung an der Tankstelle anbieten, tun sich schwer bei der Orientierung in der sich wandelnden Normenlandschaft. Oft ist noch unklar, welche Richtlinien mit Bestand für das eigene Wasserstoff Portfolio zu definieren sind, egal ob es sich um neue Lösungen oder die Modifizierung bereits existierender Produkte handelt. Dauerhafte Spezifikationsvorgaben für Wasserstoff-Tankstellen finden sich beispielsweise in der Normenreihe der ISO 19880. Und H2 hat natürlich auch ganz spezifische Eigenschaften, die sich auf die anwendungsspezifische Entwicklung von Mess- und anderer Technik auswirken.

Drei generelle Herausforderungen von Wasserstoff

 

Unabhängig von den Tankstellen spezifischen Maßgaben stellen bereits die physikalisch-chemischen Eigenschaften von H2 erhebliche Anforderungen an die Messtechnik. Es sind folgende:

  • Weil Wasserstoff hochentzündbar ist, gelten in stationären Anwendungen oft entsprechende Anforderungen an den Explosionsschutz der eingesetzten Geräte. Aufgrund seiner geringen Teilchengröße durchdringt H2 Materialien und bildet in der Luft bereits ab einem Mengenanteil von 4 % ein explosives Gemisch. Daher werden für die Prozessadaption der Messgeräte in der Regel Anschlüsse mit Schweißverbindungen oder mit metallischen Dichtungen eingesetzt.

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  • Weil H2 Moleküle extrem klein sind, dringen sie in Metallstrukturen ein. Hier können sie Materialversprödung verursachen und stellen so ein Sicherheitsrisiko dar. Deshalb verwenden Hersteller von Messgeräten für Wasserstoff Anwendungen bevorzugt austenitische Stähle wie 316L.
  • Wasserstoff beeinträchtigt bei Sensoren die gewünschte Langzeitstabilität des Messsignals. Sein Anhaften am Widerstand und/oder sein Eindringen in sensitive Strukturen des elektronischen Messgeräts können zu einem Signalversatz bzw. Messfehler führen. Der Einsatz von Trennschichten kann das Durchdringen von Wasserstoff verhindern. Als Material eignet sich hierfür zum Beispiel das chemische Element Gold.

Hohe Drücke bei großem Temperaturumfang

Neben diesen allgemein gültigen Anforderungen für Wasserstoff Anwendungen birgt der Einbau von Geräten in Wasserstoff-Tankstellen weitere spezifische Herausforderungen. Die Messtechnik und Regeltechnik muss hier für Drücke bis 900 bar unter Temperaturen zwischen -40° und +85 °C ausgelegt sein. Diese Vorgaben resultieren aus dem Aufbau einer H2 Tankstelle und dem Wasserstoff tanken an sich:

Der Wasserstoff wird bei einem Druck von aktuell 200 bar wie schon erwähnt in Tube-Trailern angeliefert. Anschließend verdichten Kompressoren den H2 in Hochdrucktanks auf fast 900 bar. Dies erfolgt in mehreren Stufen. Diese Komprimierung ist auf den Tankdruck vom Pkw auf 700 bar abgestimmt. Der Lkw-Tankdruck liegt derzeit noch bei 350 bar. Künftig soll er auf 700 bar erhöht werden, um die Reichweite zu erhöhen. Zwischen der Sensorik der Zapfsäule (Dispenser) und den Sensoren am Fahrzeugtank werden Daten ausgetauscht, mit denen sich die erforderlichen Druck- und Durchflusswerte regeln lassen.

Auch muss der Tankvorgang möglichst zeitoptimiert erfolgen, wobei Druck und Temperatur eine wichtige Rolle spielen: Zum einen fließt der Wasserstoff schneller, je höher der Druckunterschied zwischen Fahrzeug und Tankstelle ist. Hier darf der spezifizierte Druck der Fahrzeugtanks nicht überschritten werden. Zum anderen spielt der Temperaturverlauf entlang der Tankstrecke eine Rolle, denn der Wasserstoff erwärmt sich bei Expansion. Deswegen wird das Gas erst über einen Wärmetauscher auf -40 °C heruntergekühlt, um im weiteren Verlauf die 85 °C einzuhalten, bis zu denen die Fahrzeugtanks spezifiziert sind. Je näher die Temperatur an die 85 °C heranrückt, desto stärker muss der Tankvorgang gebremst und über eine Kühlung nachgeregelt werden.

Komplexe Instrumentierung an Wasserstoff Tankstellen

Angesichts dieser potenziell kritischen Kriterien an der Tank Stationen ist der Befüllungsstrang der Wasserstoff Tankstellen komplex instrumentiert mit Sensoren für Temperatur, Druck und Durchfluss sowie mit Entlüftungs- und Absperrventilen. Für die Durchfluss Überwachung werden aufgrund der hohen Drücke insbesondere Coriolis Flowmeter eingesetzt.


Die Temperatur- und Druckmessstellen tragen signifikant zur Betriebssicherheit bei. Die Thermometer müssen kurze Ansprechzeiten haben und druckfest sein: Wegen der nötigen schnellen Reaktion ist der Einbau eines Schutzrohres ungeeignet. Die Spitze vom Temperaturfühler muss ungeschützt Drücken von bis zu 875 bar standhalten. Dabei muss sie aber so kompakt sein, dass sie den Medienstrom so wenig wie möglich beeinflusst. Ein Anschluss mit Konus-Gewinde-Verschraubung dichtet die Messstelle zuverlässig ab.


Wasserstoff+Brennstoffzelle: Bauteile zur Energiegewinnung


Die Drucksensoren für Wasserstoff Tankstellen verfügen meist über einen Nenndruck von 1000 oder 1050 bar. Der Wert resultiert aus dem nominellen Tankdruck im Fahrzeug plus einem temperaturbedingten Sicherheitsfaktor. Bei einem Pkw sind das 700 bar. Die Sensoren müssen zudem den für HRS typischen Temperaturbereich zwischen -40 °C und +85 °C standhalten. Explosionsschutz und an einigen Messstellen sogar eine SIL-Zertifizierung sind zusätzlich gefordert.

Fazit und Ausblick für Wasserstoff Tankstellen

Mit dem Aufbau einer flächendeckenden Tankstellen Infrastruktur für Wasserstoffautos eröffnen sich den Herstellern von Messtechnik neue Perspektiven im vielversprechenden Marktsegment der H2 Mobility. Denn dafür braucht es in großer Zahl und immer leistungsfähiger Hydrogen Refueling Stations und Elektrolyseure zur klimaneutralen Erzeugung von Grünem Wasserstoff. Für große H2 Tankstellen mit entsprechendem Platzangebot wie an Rasthöfen von Autobahnen kann gegebenenfalls sogar eine eigene Wasserstoff Produktion mit Grünem Strom rentabel sein. Denkbar ist auch ein Aufbau reiner Wasserstoff Pipelines zur direkten Anbindung von Tankstellen an das spätere Versorgungsnetz.


Turck Resato H2IO-Modul sichert Wasserstoff-Tankstellen von Resato


Der messtechnische Bedarf für die Wasserstoff Infrastruktur wird sich zielstrebiger gestalten lassen, wenn die laufenden Normgebungen weitestgehend abgeschlossen sind. Die Wasserstoffbranche ist bestrebt, Kosten von Bau und Betrieb der Tankstellen durch Standardisierung, effiziente Komponenten und optimierte Abläufe zu senken, damit das Wasserstoff tanken preislich attraktiv wird. Für die Messtechnik Hersteller ergeben sich daraus zusätzliche Anforderungen in Richtung Effizienzsteigerung.

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Autorenangabe
Christian Wirl

Christian Wirl ist Portfolio Manager Hydrogen bei der WIKA Alexander Wiegand SE + Co. KG, Klingenberg.