ahc01141Wie in der Branche zu Beginn allgemein üblich, wurden Aluminium-Bauteile bisher schwarz pulverlackiert. Nach kurzer Zeit im Einsatz zeigten die zur Wartung zurück kommenden Teile jedoch deutliche Verschleißspuren. Sie sahen nicht mehr neuwertig aus. Angeregt durch ein Beratungsgespräch mit einem Außendienstler der AHC, entschloss sich Antonio Tundo für die Produkte der Grip Factory einen neuen Weg einzuschlagen und die Aluminium-Teile seines Kamera-Equipments nach dem „Hart-Coat“-Verfahren harteloxieren zu lassen.

ahc01142Hierbei handelt es sich um ein elektrolytisches Verfahren der der AHC Oberflächentechnik GmbH, bei dem die zu beschichtenden Werkstücke als Anode geschaltet und in einen sauren Elektrolyten mit relativ niedriger Temperatur eingetaucht werden. Mit Hilfe von elektrischem Strom wird auf der Werkstückoberfläche eine schützende Aluminiumoxidschicht erzeugt, deren Dicke einstellbar ist und für die meisten Anwendungen im Bereich zwischen 30 und 60 µm liegt. Die Farbgebung einer Hart-Coat-Schicht wird dabei durch die Schichtdicke, das verwendete Grundmaterial und dessen Struktur beeinflusst. Bei den von der Grip Factory Munich GmbH verwendeten Aluminium-Legierungen hat die Harteloxal-Schicht zumeist eine oliv-grüne Farbe. Die Kundschaft reagierte zunächst skeptisch auf die ‚Militärfarbe‘, konnten jedoch von der Qualität der Schicht überzeugt werden. Zusammen mit dem eingravierten Schriftzug Grip Factory Munich ist die oliv-grüne Farbe der Equipment-Teile heute längst ein Markenzeichen.

Farbnuancen verschwinden

Ein Wunsch bleibt jedoch noch unerfüllt, nämlich der nach einer homogenen, immer gleich aussehenden Farbe der harteloxierten Teile. Selbst bei der gleichen Aluminium-Legierung kann die Farbe von Beschichtungscharge zu Beschichtungscharge schwanken. Das hängt von der Legierungsverteilung, den Schichtdickentoleranzen und der Elektrolyttemperatur ab. Auch Abweichungen in der Elektrolytzusammensetzung tragen zu Änderungen in der Farbe bei. Das AHC-Werk München, in dem die Teile für Grip Factory beschichtet werden, hat auf diese Erkenntnisse anlagentechnisch längst reagiert: Alle Hart-Coat-Wannen werden aus dem gleichen Elektrolyten gespeist. So werden zumindest die Farbschwankungen minimiert.


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Die Kunden der Grip Factory, sprich die Film-Equipment-Verleiher, haben inzwischen die Farbnuancen akzeptiert. „Selbst wenn jetzt die Teile nach 10 Jahren zur Wartung zurückkommen, sehen sie noch aus wie neu.“, freut sich Antonio Tundo. Das hängt auch mit der guten Verschleißfestigkeit der Hart-Coat-Schichten zusammen. Sie beruht auf der Härte des Aluminiumoxids, das sich während des Beschichtungsprozesses bildet. So trotzen die Filmequipment-Teile beim Transport, beim Auf- und Abbau sowie im Einsatz den zum Teil rauen Bedingungen.

Zahlreiche Abstimmungen nötig

ahc01143„Am Anfang der Zusammenarbeit mit AHC mussten wir gemeinsam einen weiten Weg gehen, um unsere Produkte und die Oberflächenbehandlung aufeinander abzustimmen.“, berichtet Tundo Senior. Die AHC musste erst einmal die Wünsche und Anforderungen seitens Grip Factory aufnehmen. Ferner war zu klären, welche Oberflächenbehandlung, mechanischer oder chemischer Art, die Bauteile bisher erfahren hatten. Es galt abzustimmen, wo die Teile auf die Beschichtungsgestelle geklemmt werden dürfen. Dort, wo ein direkter Kontakt zwischen Bauteil und Gestell besteht, wird bei dem Harteloxal-Verfahren keine Schicht aufgetragen. Es entsteht so punktuell eine unbeschichtete Stelle, die zum Beispiel nicht gerade in einem Sichtbereich liegen sollte.

Ferner mussten Passungen auf die Schichtdicke abgestimmt werden, weil die Hart-Coat-Schicht zur Hälfte in das Grundmaterial hineinwächst und deshalb nur zur Hälfte nach außen aufträgt. So ergibt eine 50 µm dicke Schicht nur einen Auftrag auf das Grundmaterial von 25 µm. Passungen, die nicht beschichtet werden müssen, können abgedeckt werden und benötigen keine Bearbeitung. Eine weitere Herausforderung stellen Hohlprofile dar, wie sie beispielsweise für Kranausleger verwendet werden. Sie sind an beiden Enden zugeschweißt. Dadurch erhalten sie im Beschichtungsbad einen Auftrieb, dem der Oberflächenbeschichter durch geeignete Maßnahmen Rechnung tragen muss. Andere Bauteile haben offene Hohlräume und Hinterschneidungen, die beim Durchlaufen des Beschichtungsprozesses schöpfend wirken können. Um nicht beispielsweise Entfettungslösungen mit in den Beschichtungselektrolyten einzuschleppen (Verschleppung), müssen die Teile so auf das Beschichtungsgestell geklemmt werden, dass die jeweiligen Lösungen in ihrem Bad abfließen können, bevor es zur nächsten Behandlungsstation geht. Das erfordert manchmal auch konstruktive Änderungen am Bauteil, etwa durch zusätzliche Bohrungen oder Öffnungen, durch die die entsprechenden Lösungen abfließen können.

Harteloxieren von Schweißverbindungen

In Zusammenarbeit mit AHC hat Grip Factory auch eine Lösung für das Harteloxieren von Schweißverbindungen gefunden. Bestehen nämlich Bauteile aus unterschiedlichen Aluminium-Legierungen, so führt dies auf den jeweiligen Materialien infolge unterschiedlicher elektrischer Leitwerte zu unterschiedlichen Schichtdicken. Das farbliche Aussehen der verschiedenen Aluminium-Werkstoffe ist ebenfalls unterschiedlich. Die Lösung liegt in der Auswahl des richtigen Schweißzusatzwerkstoffes. Die Schweißnähte werden von Grip Factory geprüft und stichprobenartig einer zerstörenden Werkstoffprüfung unterzogen.

Eine weitere Besonderheit der Hart-Coat-Beschichtung ist, dass sie senkrecht auf eine Aluminiumoberfläche aufwächst. Das bedeutet, dass an scharfen Kanten und Ecken nur wenig Schicht aufgetragen wird bzw. ein Spalt bleiben kann. Hier besteht die Gefahr eines Korrosionsangriffes von außen. Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, rundet Grip Factory die Profile ab. Hierbei müssen für Ecken und Kanten größtmögliche Radien gewählt werden. Naturgemäß sind die Radien umso größer anzusetzen, je dicker die Schicht sein wird.

Heißwasser-Nachverdichtung für den Außeneinsatz

ahc01144Da die Filmequipment-Teile gerade bei Außenaufnahmen einem nicht unerheblichen Korrosionsangriff unterliegen, wird die Hart-Coat-Schicht in voll entsalztem Wasser bei einer Temperatur zwischen 90° und 100 °C nachverdichtet. Man spricht hier von einer Heißwasser-Nachverdichtung. Die Harteloxal-Schicht wächst in Form von regelmäßigen Zellen auf die Aluminiumoberfläche auf – ähnlich einer Bienenwabenstruktur. Jede Zelle hat in der Mitte eine Pore mit einem Durchmesser von etwa 15 nm. Die Heißwasser-Nachverdichtung verdichtet diese Poren mit Aluminiumhydroxid, wodurch sich die Korrosionsbeständigkeit der Schicht enorm verbessert. Die Hart-Coat-Schicht ist zwar schon ohne Nachverdichtung in sauren und schwach alkalischen Medien korrosionsbeständig. Durch die Nachverdichtung kann sie auch im sauren Bereich bis etwa pH 2 widerstehen. Darüber hinaus erweist sie sich im Einsatz als UV-beständig, im Gegensatz zu beispielsweise Farbeloxal-Schichten. Gerade bei Außenaufnahmen und dem Einsatz von Tageslichtscheinwerfern ist diese Eigenschaft von Vorteil.

Heute sind alle Produktionsmitarbeiter von Grip Factory Munich auf die Beschichtungsanforderungen eingestimmt. Zu Schichtmeister, der die Hart-Coat-Anlage im Werk München fährt und AHC-Außendienst besteht ein sehr guter persönlicher Kontakt. So können eventuell auftretende Fragen gleich im Vorfeld der Beschichtung besprochen und erforderlichenfalls zu beschichtungsgerechten konstruktiven Veränderungen der Bauteile führen. „Es war am Anfang etwas anstrengend, sich aufeinander abzustimmen.“, meint Antonio Tundo. „Aber es hat sich gelohnt, den Weg mit der AHC zu gehen. Die Entscheidung, auf die Hart-Coat-Oberfläche zu wechseln, war goldrichtig.“