skf10318Was normalerweise im Trockendock geschieht, haben SKF und der Unterwasser-Reparaturspezialist Trident Group vor Kurzem im „nassen Element“ gewagt: Erstmals hat dieses Expertenteam einen schwenkbaren Flossenstabilisator des „Typ S“ an einem schwimmenden Schiff eingebaut. Dank der gelungenen Aktion konnte der betroffene Kreuzfahrer seine Reise durch den Atlantik wie geplant fortsetzen.

An Bord von Kreuzfahrschiffen sorgt neben dem Personal und der luxuriösen Ausstattung nicht zuletzt eine Menge „versteckter“ Technik für den Komfort der Passagiere. Dazu gehören bei vielen modernen Schiffen beispielsweise auch hydraulisch betätigte Flossenstabilisatoren, die unterhalb der Wasserlinie ausgeschwenkt werden, wenn die See mal etwas rauer wird. Während der Fahrt wirken diese Flossen dann unliebsamen Schiffsbewegungen entgegen. Bei ruhigem Fahrwasser hingegen werden die Stabilisatoren wieder in ihre „Parkpositionen“ im Schiffsrumpf zurückgeklappt, um den Strömungswiderstand zu minimieren. Viele dieser Flossen werden von SKF hergestellt und gewartet.

Unliebsame Überraschung an Backbord

skf20318Im Zuge der routinemäßigen Inspektion eines Kreuzfahrtschiffs im Jahr 2014 fiel den Technikern ein Schaden an dessen Backbord-Stabilisierungsflosse auf. Vermutlich war die Beschädigung auf eine Kollision mit Treibgut zurückzuführen. Um Folgeschäden zu vermeiden, wurde beschlossen, den Stabilisator vorübergehend außer Betrieb zu nehmen – bis zur nächsten planmäßigen Überholung des Schiffs im Trockendock.

Im März 2017 war es dann so weit: In einer deutschen Werft machte sich ein Team von SKF Ingenieuren aus Hamburg an die Demontage und Reparatur der Stabilisator-Anlage. Dabei mussten sie jedoch feststellen, dass der Flossenstabilisator deutlich ernsthaftere Schäden erlitten hatte als ursprünglich angenommen: Durch den Aufprall waren mehrere betriebswichtige Komponenten des Flossenmechanismus verbogen worden oder gar gebrochen.

Zwar ist der vollständige Austausch eines auf See beschädigten Stabilisators für die Marine-Experten von SKF Routine, aber in diesem Fall saß ihnen die Zeit im Nacken: Das Team berechnete, dass die erforderlichen Arbeiten mindestens 150 h in Anspruch nehmen würden. Da für das Schiff jedoch nur ein fünftägiger Trockendock-Aufenthalt vorgesehen war, wäre es selbst mit „24-Stunden-Schichten“ unmöglich gewesen, den Job fristgerecht zu erledigen. Und eine Verlängerung des Aufenthalts kam nicht in Frage, weil schon die nächsten Touristen an Bord wollten.

Außergewöhnliche Maßnahme

Um den Schiffsbetrieb und die Passagiere unter den gegebenen Umständen nicht zu stören, entschieden sich die Reederei und SKF zu einer außergewöhnlichen Maßnahme: den Einbau unter Wasser. Zu diesem Zweck wurde der defekte Stabilisator im Trockendock demontiert und seine „Parkbucht“ im Schiffsrumpf vorübergehend mit zwei Stahlplatten verschlossen. So konnte das Schiff planmäßig in See stechen. Der ausgebaute Stabilisator wurde derweil in die Hallen der SKF Marine GmbH nach Hamburg verfrachtet, wo die Experten die erforderlichen Reparaturen vornahmen.

Nachdem der Flossenstabilisator hier instandgesetzt und getestet worden war, schickte man den Grundkörper des Stabilisators per Containerschiff in einen Hafen auf den Kanarischen Inseln. Kleinere Bauteile – wie etwa die Steuerungssysteme – landeten im Rahmen eines europäischen Zwischenstopps im Bauch des Kreuzfahrers. Der schipperte mittlerweile ebenfalls in Richtung Kanaren, um dort die ersten Passagiere der Wintersaison aufzunehmen.

Kein Tauchurlaub auf den Kanaren

skf30318Anders als die Touristen dachten die Spezialisten von SKF und Trident Group auf den Kanaren nicht an Urlaub: Die bereiteten den zwischenzeitlich eingetroffenen Stabilisator bereits für seine Unterwasserinstallation vor. Zu diesem Zweck haben sie u. a. sämtliche Teile des Stabilisator-Mechanismusses, die normalerweise nicht mit dem Meerwasser in Berührung kommen, entsprechend geschützt bzw. abgedichtet.

Anfang November 2017 machte dann auch das Passagierschiff im Hafen fest: 58 h lang würde es dort vor Anker liegen. Damit startete der entscheidende Countdown für die SKF Experten sowie die Taucheinsätze des Trident-Teams. Bei klarem Wasser und milden Temperaturen montierten die Profis zunächst eine Art „wasserdichte Glocke“ über dem Flossenkasten. So konnten die Stahlplatten, die die „Parkbucht“ des Stabilisators zuvor verschlossen hatten, sicher entfernt werden. Anschließend wurde die Stabilisatorflosse mit einem Kran vorsichtig neben dem Rumpf abgelassen und von den Tauchern langsam in Position manövriert. Kurz darauf gelang es ihnen, den Stabilisator ordnungsgemäß zu montieren. Danach konnten sie auch die provisorische Luftkammer wieder abbauen.

Nachdem die mechanischen Installationsarbeiten termingerecht abgeschlossen worden waren, blieben die Ingenieure von SKF zunächst an Bord. Auf dem Weg in die Karibik schlossen sie u. a. die Steuerungstechnik an und überprüften den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage. Dass die damit verbundenen Aufgaben schon innerhalb eines Tages erledigt waren, dürfte in diesem Fall nicht ganz nach dem Geschmack der technischen „Kurz-Kreuzfahrer“ gewesen sein.